Stromzähler mit SO-Schnittstelle

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Forumsbeitrag von MarkusS.

Fakt ist dass letztes Jahr das Energiewirtschaftsgesetz geändert wurde, da brauchen wir nicht auf die Hauspost zu warten. Wer mag kann googeln, die Schlagwörter sind:

  • „Gesetz zur Öffnung des Messwesens bei Strom und Gas“ (Messwesen-Öffnungsgesetz
  • „Verordnung zum Erlass von Regelungen über Messeinrichtungen im Strom- und Gasbereich“ (Messzugangsverordnung)

Wie ich bereits in diesem Thread schrub geht es dabei schlicht um die Umsetzung von EU-Recht, die einschlägigen EU-Verordnungen hatte ich auch angegeben.

Die „Zählerhoheit“ ist Geschichte, auch wenn sich das noch nicht zu allen Mitarbeitern der Energieversorger rumgesprochen hat.

Dieser ganze Zählerkram („Messwesen“) ist meiner Meinung nach seit Jahrzehnten eine fette Cash-Cow der Energieversorger. Zahlen sind leider nicht öffentlich bekannt bzw. werden gehütet wie Staatsgeheimnisse aber irgendwie traue ich der Geschichte nicht dass die Zähler von den Energieversorgern wenn überhaupt nur gerade so kostendeckend bewirtschaftet werden zumal seitens der Energieversorger in den letzten Jahren die Prozesse im Messwesen kontinuierlich „verschlankt“ wurden. So werden die Zähler heute oft durch den örtlichen Elektroinstallateur – gegen pauschale Kostenerstattung – montiert und die Ablesung wurde auf den Kunden verlagert. Im Gegensatz zu früher (das EVU montierte den Zähler selbst (personal- und somit kostenintensiv) und hatte ganze Ablesetrupps laufen die übers ganze Jahr die Verbraucher abliefen und Zählerstände notierten (personal- und somit kostenintensiv). Heute werden die Ableser eigentlich nur noch dann rausgeschickt wenn es statistische Ausreisser beim Verbrauch gibt oder alle paar Jahre zu Stichproben.

Nach Ansicht der EU gehört das Messwesen nicht zum Kerngeschäft der Energieversorgung, die sollen sich um die Erzeugung und Übertragung von Energie kümmern (wobei es die EU wohl auch gut finden würde wenn man auch noch Erzeugung und Übertragung trennen könnte).

Messwesen könnte man gliedern in:

  • Liefern und Montage der Messeinrichtung
  • Betrieb der Messeinrichtung (darunter fallen z.B. ein (örtlich kurzfristig verfügbarer) Notdienst bei Problemen mit der Messeinrichtung oder der turnusmässige Austausch der Messeinrichtung)
  • Die eigentliche Messung bzw. die Übermittlung, Speicherung und Verarbeitung der Messdaten.
  • Weitergabe von Daten in normierter Form an die EVUs für Abrechnung bzw. zur Netzsteuerung

Diese Tätigkeiten können einzeln oder insgesamt durch Dienstleiter erbracht werden die nicht mit dem EVU bzw. Netzbetreiber identisch sein müssen.

Zielsetzung:

  • Marktliberalisierung – quasi partielle „Entmachtung“ der Energieversorger.
  • Schaffung eines eigenen Marktes „Messwesen“.
  • Dadurch einerseits Transparenz für den Verbraucher, andererseits Kostenersparnis (beim Verbraucher) möglich.
  • Energieeinsparungen bzw. Erhöhung der Energieeffizienz beim Verbraucher (durch zeitnahe Information über Verbrauch und Kosten hat der Verbraucher ein Instrument zur Verbrauchskontrolle bzw. -optimierung).
  • Die Daten könnten z.B. auch bei den Energieausweisen genutzt werden.
  • Energieeinsparungen bzw. Erhöhung der Energieeffizienz beim Energieversorger durch granularere Messdaten.

Allerdings sollte man auch nicht ausser Acht lassen dass das auch der Einstieg in zeitabhängige Tarife (mit deutlich feinerer Auflösung als 8 Stunden NT und 16 Stunden HT) bedeutet, dazu hatte ich mich weiter vorne bereits umfänglich ausgelassen.

Es würde mich auch wundern wenn in Berlin noch niemand darüber nachgedacht hat, eine verbrauchsabhängige Besteuerung für Energieverbrauch einzuführen, analog CO2-Anteil bei der novellierten KFZ-Steuer.

Massnahmen:

  • Der Verbraucher kann kürzere Abrechnungsintervalle fordern, z.B. monatlich oder quartalsweise / halbjährlich, max. „nicht wesentlich länger als jährlich“ – wobei davon auszugehen ist dass der Verbraucher für den Mehraufwand bei kürzeren Abrechnungsintervallen zur Kasse gebeten wird – verständlich.
    Andererseits ist es das Problem des Energieversorgers wie er das Umsetzt, d.h. wenn der Kunde monatliche Abrechnung fordert hat der Energieversorger monatliche Abrechnungen zu liefern – wegen entstehenden Mehrkosten darf er wie gesagt den Kunden zur Kasse bitten.

  • Die Energieversorger müssen ihre Rechnungen transparenter gestalten, zukünftig sind auf den Rechnungen explizit auszuweisen:
    – Kosten des Netzzuganges
    – Kosten des Messstellenbetriebs
    – Kosten der Messung
    womit der Verbraucher eine Entscheidungsgrundlage bekommt ob er ggf. einen Dienstleister beauftragen sollte um Kosten zu sparen.

  • In Neubauten sind (ab 01.01.10) nur noch Zähler einzubauen die dafür geeignet sind (kürzere Abrechnungsintervalle)
  • In Bestandsbauten sind die Zähler z.B. bei einer Erneuerung der elektrischen Anlage auszutauschen

Das Ganze steht unter den Vorbehalten der Wirtschaftlichkeit und der technischen Machbarkeit.

Was man so hört diskutiert man hinter verschlossenen Türen derzeit u.a. um die (Mindest-) Anforderungen an die Zähler – die wurden nämlich – aus gutem Grund – nicht konkret durch Gesetz festgelegt. Weiterhin diskutiert man noch über die Details der Datenübermittlung (Formate, Schnittstellen) zwischen Messdienstleister und EVU. Schirmherr der Veranstaltung ist mal wieder die Bundesnetzagentur.

Momentan kommt den Energieversorgern zu Gute dass die Verbraucher kaum über diese Neuerungen informiert sind und dementsprechend kaum Nachfrage besteht.

Wie ich aus Kreisen potenzieller Messbetreiber vernommen habe mauert man bei einigen Energieversorgern auch nach Kräften was den diskrimierungsfreien Marktzugang neuer Messbetreiber angeht. Einerseits hat man wohl durchaus begründete technische Bedenken, andererseits möchte man wohl auch die Cash Cow im eigenen Stall halten. Wir haben z.B. in den letzten Wochen Werbung von Yello bekommen für den intelligenten Zähler von Yello – Yello ist zufälligerweise eine Tochter von EnBW (unserem derzeitigen Stromlieferanten).

Ich für meinen Teil habe EnBW einen lieben Brief geschrieben und nachgefragt wie das denn mit monatlicher Abrechnung aussieht und darum gebeten, mir doch schon mal die Kosten für Netzzugang, Messtellenbetrieb und Messung mitzuteilen (wozu man ausserhalb der Rechnung wohl nicht verpflichtet ist) – Antwort steht noch aus.

Man sollte bei aller Liberalisierung allerdings im Hinterkopf behalten dass nirgendwo im Gesetz steht dass irgendwelche KNX-Verrückten Zugang zu irgendwelchen Schnittstellen am Zähler bekommen sollen!

Wie ich oben schon schrub sollte man derzeit vielleicht noch etwas abwarten. Der Markt steht ganz am Anfang und derzeit gibt es eben auch noch einige Unsicherheiten was die exakten Spezifikationen angeht. Soweit die Energieversorger derzeit überhaupt Zähler mit zugreifbarer Schnittstelle anbieten sind die Kosten dafür so hoch dass sich ein Zählertausch kaum lohnt – unter dem Aspekt dass es da demnächst vielleicht einen „Markt“ gibt.

Ich hoffe dass es in der zweiten Jahreshälfte erste Angebote von Messdienstleistern geben wird wobei man durchaus im Hinterkopf behalten sollte dass die bisherigen Liberalisierungsversuche im Energiemarkt oft ins Leere gelaufen sind. Weder sind die Preise in den letzten Jahren gefallen noch hat sich signifikant was am Monopol der Big Four geändert, es bleibt abzuwarten ob sich dieses mal der „Markt“ durchsetzt. Zumindest weiss ich dass es derzeit einige Firmen gibt die sich im Messwesen engagieren wollen – sowohl bekannte grosse Dienstleister als auch „kleine“ Elektriker die sich in diesem Markt ein Stück vom Kuchen holen wollen. Auf letztere hoffe ich im Hinblick auf die Anbindung der Gebäudeautomation, mit einem „Kleinen“ kann man reden, die Grossen arbeiten im Zweifelsfall nur ihre Vorschriften ab. Z.B. würde ja nichts dagegen sprechen dass ich mir meinen eigenen Zähler kaufe solange der Dienstleister den nach Montage plombiert und die Daten daraus bekommt, andererseits kann es dem Dienstleister ja auch egal sein ob da noch ein Kabel mehr dranhängt was meinen Binäreingang füttert.

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